Man müsste mal was anderes machen, als immer nur Lautsprecher mit aalglatten Frequenzgängen entwickeln. Die Idee, einmal aus den gewohnten Konventionen auszubrechen, geistert schon lange durch unsere Köpfe. Doch wie stellt man das am ehesten an? Letztlich laufen Entwicklungen doch immer wieder auf eine möglichst glatte Abstimmung hinaus. So sollte es eigentlich auch bei der im Folgenden beschriebenen Lautsprecherbox sein. Doch im Verlauf der Entwicklung kristallisierte sich heraus, dass an dieser Box nichts aalglatt sein würde.
Die Geschichte der Box begann mit einem kleinen Paket, welches Herr Marko Rose von der BOXENGASSE HAMM an mich geschickt hatte. Enthalten waren je ein Paar der brandaktuellen Mivoc Chassis SWM68 sowie FR358N, mit welchen Herr Rose dieses D.A.U. Lautsprecherkonzept sponsert.
Der SWM68 ist ein preiswerter, aber dennoch ordentlich gemachter „17er“. Das Chassis ist mit einem stabilen Stahlblechkorb ausgestattet. Die Membran wirkt mit ihrer strukturierten Oberfläche sehr wertig. Eine langzeitstabile Gummisicke und eine fette Polkerbohrung komplettieren das gute Erscheinungsbild.
TSP
Fs: 47 Hz
Re: 6,6 Ohm
Qes: 0,52
Qms: 2
Qts: 0,41
B/L: 9
SD: 124,7 cm²
Mms: 21,7 Gramm
Le: 0,65 mH
Xmax: +/- 6,3 mm
VAS: 11,5 Liter
Cms: 0,53
SPL: 86 dB
Die TSP weisen den SWM68 als sehr universell einsetzbares Chassis aus, das in nahezu allen Gehäuseprizipien eine gute Figur macht. Unsere Simulationen haben ergeben, dass der kleine Solinger in einer ziemlich kleinen, gerade einmal 80 cm langen TQWT Höchstleistungen zu bringen imstande ist.
Die Simulation erfolgte mit dem bewährten MJK-Sheet und verspricht Tiefgang bis in die 30 Hz Region.
Als Spielpartner für den SWM68 hält der bereits oben erwähnte Breitbänder FR358N, ebenfalls eine Neuheit des Solinger Spezialisten Mivoc, Einzug ins gemeinsame Gehäuse
Mit einem Preis von 39,- Euro ist der kleine Breitbänder zwar um 10,- Euro teurer als sein Stallgefährte, dafür legt er aber eine ausserordentliche Verarbeitungsqualität an den Tag. Die Papiermembran wird von einer Gewebesicke im ultrastabilen und massiven Gusskorb gehalten. An allen nur möglichen Stellen verfügt der kleine Kraftprotz über durchdachte Belüftungsmaßnahmen.
So gut die Haptik auch ist, die der FR358N vermittelt, so problematisch ist jedoch sein Frequenzgang. Mitten im wichtigen Übertragungsbereich gibt es einen unschönen Buckel und am oberen Ende des zu übertragenden Frequenzspektrums steigt der Schalldruck sprungartig um fast 10dB an. Der Bursche ist also eine ordentliche Herausforderung, was seine Filterung angeht.
Um den Frequenzgang des Breitbänders durch den Einbau in eine Schallwand nicht noch weiter aus dem Ruder laufen zu lassen, wurde seine Einbauposition mittels des Programms edge optimiert. In der Praxis sitzt das Chassis leicht aussermittig mit relativ geringem Abstand zur oberen Kante des Lautsprechers.
Die Ausgangssituation für die Beschaltung sieht wie folgt aus:
Natürlich erscheint es auf den ersten Blick nicht schwierig, die nach unten flach abfallende Flanke so hinzudengeln, dass sich ein sauberer Übergang zum TMT einstellt. Dann noch eine kleine Korrektur, die den Buckel bei 1800 Hz ausmerzt, und den Hochton reguliert man über die Einwinkelung. Jedenfalls war das der erste Gedanke während der Entwicklung, und so wurde auch die erste von insgesamt 9 verschiedenen Weichenvarianten aufgebaut.
Frequenzgang Weichenversion 1.0
Abgesehen vom Hochtonanstieg sieht das sehr vielversprechend aus. Frohen Mutes wurde die Weiche zusammengesteckt und kurz später ertönten die ersten Takte von einer CD. Ich mache es kurz. Es war eine Katastrophe. Der Lautsprecher schrie mich an. Es klang absolut unausgewogen. Einfach nicht zu ertragen. Zudem erwies sich der Hochtonanstieg als zu stark, um ihn über eine Einwinkelung in den Griff zu bekommen.
Eine genauere Betrachtung der Simulationen und natürlich auch die entsprechenden Messungen unter Winkel offenbarten das Problem recht schnell.
Simulierte Winkelfrequenzgänge Weichenversion 1.0
Der FR358N pfeffert zwischen 2 kHz und 5 kHz so extrem viel Energie in den Raum, dass eine ausgewogene Wiedergabe nicht möglich ist. Auch die Darstellung des Energiefrequenzganges offenbart dieses Problem in aller Deutlichkeit.
Energiefrequenzgang Weichenversion 1.0
Nun kann man einem solchen Problem mit verschiedenen Methoden auf den Pelz rücken. Wir entschieden uns dafür, den Lautsprecher auf den Energiefrequenzgang zu optimieren. Somit war auch die Namensfindung der Box abgeschlossen. Die Entwicklung der „Energy F.A.S.T“ konnte in die zweite Runde gehen.
Im Verlauf der Entwicklung wurden noch diverse Veränderungen vorgenommen. So wurde z. B. mit diversen Flankensteilheiten und auch mit unterschiedlichen Trennfrequenzen experimentiert.
Um das Verhalten des Lautsprechers unter Winkeln gleich während der Simulation bewerten zu können, wurden die weiteren Simulationen mit dem Programm Xover durchgeführt. Dieses leistungsstarke Programm ist, im Gegensatz zu Boxsim, in der Lage, aus eingespeisten Winkelmessungen entsprechende Simulationen abzuleiten.
Natürlich führt eine Abstimmung auf möglichst glatt abfallenden Energiefrequenzgang zu Senken im Frequenzverlauf auf Achse.
Frequenzgang 0° Weichenversion 1.8
Frequenzgang 15° Weichenversion 1.8
Frequenzgang 30° Weichenversion 1.8
Frequenzgang 45° Weichenversion 1.8
Weichenversion 1.8 führt ebenfalls in Boxsim zu dem gewünschten, konstant abfallenden Energiefrequenzgang.
Energiefrequenzgang Weichenversion 1.8
Die Messungen entsprechen den Simulationen
Messungen 0° – 30°
Auch der Impedanzverlauf ist vollkommen unkritisch. Im Bereich 10 kHz sinkt er knapp unter 4 Ohm. Das sollte keinen Verstärker in die Bredouille bringen.
Impedanzverlauf
Das Klirrverhalten spiegelt die Qualität der eingesetzten Chassis wider.
Klirr @ 90dB
Die Frequenzweichenschaltung ist ein wenig aufwendiger und widmet sich auch dem sehr starken Hochtonanstieg. Der ausgewogene und vollkommen unangestrengte Klang der „Energy F.A.S.T.“ rechtfertigt dies aber ohne Zweifel. Vollkommen unangestrengt spielen die Lautsprecher jegliche Art von Musik. Der Bass ist kräftig, tief, straff und trocken. Stimmen haben den richtigen Körper, und auch die räumliche Abbildung gelingt einwandfrei. „Energy F.A.S.T.“ ist ein Lautsprecher, der absolut langzeittauglich aufspielt, der aber auch mal losfeuern kann, wenn es gewünscht ist.
Weichenversion 1.8
Der Gehäuseaufbau gestaltet sich recht einfach. Unsere Lautsprecher wurden mit 16 mm MDF aufgebaut. Durch den Teiler der TQWT führt dies zu ausreichender Stabilität. Um die Box auf Standboxenniveau zu bringen, haben wir das Gehäuse nach unten verlängert. In unserem Fall beträgt die Gesamthöhe genau 90 cm. Das Fach unter der eigentlichen TQWT bietet genug Raum für die Unterbringung der Frequenzweiche.
Bauplan „Energy F.A.S.T.“
Die Bedämpfung der „Energy F.A.S.T.“ gestaltet sich ebenfalls einfach. Für die TQWT wurde ein Matarialmix verwendet. Auf den Deckel im Knickbereich wird eine Lage Fibsorb 100 geklebt. In den schmalen Bereich der Line werden 2 Lagen Noppenschaumstoff gelegt. Darüber wird bis knapp unterhalb des Chassisausschnitts locker mit Sonofil gefüllt. Der Platz unterhalb des Ports beherbergt eine dünne Lage Sonofil und einen Lage Noppenschaumstoff. Die Kammer des Breitbänders wird recht stark mit Sonofil gefüllt.
Bedämpfung
Der komplette Bausatz mit allen benötigten Teilen und detailliertem Bauplan ist für ca. 240 Euro bei der Boxengasse Hamm erhältlich.