Eigentlich mache ich es ja nie, aber vor einigen Jahren wurde ein Lautsprecherbausatz vorgestellt, dessen Konzept mich sowohl von der Auswahl der Chassis, als auch von der optischen Gestaltung mehr als einfach nur reizte. Entgegen meiner grundsätzlichen Vorgehensweise keine fertigen Bausätze aufzubauen, wurde ich in diesem Falle schwach.
Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen nicht streiten, und selbst der eigene Geschmack verändert sich im Laufe der Jahre immer wieder. So erging es mir auch mit meinen Lautsprechern. Die Optik wollte sich nicht mehr mit meinen Vorstellungen an gelungenes Design decken, ebenso erging es mir beim Klang, welcher zwar grundsätzlich nicht schlecht war, aber eben an einigen Ecken und Kanten, meiner Meinung nach, nicht das Optimum darstellte. Vor allem der Bass neigte bei vielen Musikstücken zum Wummern und Dröhnen.
Was könnte man also besser machen, ohne in neue Chassis zu investieren? Die verwendeten befinden sich in einwandfreiem Zustand und sind allgemeingültig als von höchster Qualität zu bezeichnen. Lange Überlegungen, Lesen in vielen Fachartikeln und Unmengen von Simulationen führten letztlich zu einem vollkommen neuen Lautsprecherpaar, welches ausser den Chassis nichts mit dem originalen Bausatz gemein hat.
Es galt also, viele Veränderungen unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig die Qualität des neuen Lautsprecherpaares zu verbessern. Kleiner, schöner, besser – Das waren die Vorgaben zu Beginn des Projektes. Ein sehr hoch gestecktes Ziel…
Da war als erstes der 28cm durchmessende Tieftöner,
Eton 11-581/50 HEX
dessen Bedarf nach Volumen zwar nicht riesig ist. Aber rund 70 Liter in eine gefällige Form zu bringen ist kaum möglich. Zudem mag der 17er Tiefmitteltöner ja auch nach Luft schnappen. Ein paar Verstrebungen sollten auch hinzu kommen und auch der Hochtöner erfordert Platz, selbst wenn das Volumen hinter ihm ungenutzt bleibt. Alles in allem kommen 85-90 Liter zustande. Zuviel für meinen Anspruch an Design und sicher erst recht, für den WAF, mit dem ich Gott sei Dank keinerlei Probleme habe. Es musste also eine andere Lösung her. Einige Simulationen später stand fest, dass der Tieftöner auf die Seite wandert, rund 30 Liter Luft zu verdrängen hat und dafür die Hilfe eines GHP-Kondensators in Anspruch nehmen darf. AJHorn versprach mir dafür eine untere Grenzfrequenz im Bereich von 35 Hz, was unter HiFi Gesichtspunkten mehr als ausreichend ist.
Es entstanden Gehäuse im Format 99 x 36 x 24 cm, in meinen Augen sieht das nach gefälligen schlanken Standboxen aus. Werden die vorderen Gehäusekanten noch angefast, ist zumindest optisch alles in trockenen Tüchern.
Im nächsten Schritt wurden die Chassis im Gehäuse gemessen und Boxsim mit den so gewonnen Messdaten gefüttert. Erstaunlich schnell war ein ziemlich glatter Frequenzgang simuliert. Der Tieftöner erhielt einen 12dB Tiefpass, welcher durch die Unterstützung eines Saugkreises und einer somit korrekten Entzerrung zu einem glatten Frequenzgang mit extrem sauber abfallender Flanke führt. Diese ergibt mit dem ebenfalls in 12dB ausgeführten Hochpass vor dem Tiefmitteltöner eine sehr saubere Addition bei ca. 150Hz. Nach oben wird der 17er Tiefmitteltöner
mit einem 18dB Tiefpass bei etwa 2300Hz mit sauber abfallender Flanke getrennt. Diese Schaltungsvariante macht zum einen eine Entzerrung der Membranresonanzen, die der Treiber oberhalb von 3kHz produziert, überflüssig. Zum zweiten bremst sie den Wirkungsgrad so, dass ein Spannungsteiler quasi entfallen kann. Wer es etwas sanfter mag, kann dem Tiefpass des TMT einen Widerstand von 1 – 1,5 Ohm nachschalten. Mit einem Hochpass, welcher ebenfalls 18dB Charakteristik aufweist, wird der Hochtöner
sauber angekoppelt. Auch bei diesem kann, je nach Hörgeschmack oder Abhörraum, ein Spannungsteiler völlig entfallen. Die in den Mittel- und Hochtonzweigen enthaltenen Reihenwiderstände sind lediglich als Modifikationsempfehlung bei wenig bedämpften Hörraumen zu verstehen.
Der Bauplan (Ich verspreche, hier irgendwann mal einen besseren Plan einzustellen)
Nachfolgend einige Messungen des DoW
Die Messungen wurden im Rahmen der Entwicklung als Contestlautsprecher 2009 der HSG-Rhein und Ruhr von Christoph Gebhard durchgeführt.
Die Lautsprecher mit der Weiche, die mit den Werten dieser Simulation in der Nacht vom 21. zum 22. August 2009 entstanden, durften einige Zeitgenossen während der K&T Hörsession am 22. August hören. Es war erstaunlich, in manch verdutzt dreinschauendes Gesicht blicken zu können.
Inzwischen wurde die Weiche noch überarbeitet und leicht verändert, das Konzept der Schaltungstopologie entspricht aber dem der Simulation.
Entstanden sind zwei schön anzusehende und wohltönende Lautsprecher.
Das „Duett ohne Wummern“
Bericht über den DIY-Lautsprecher-Contest 2009 bei HiFi-Selbstbau
aus welchem das DoW als Klangsieger hervorging.
Die Baupläne sind für private Nutzung freigegeben. Jegliche Form der gewerblichen Nutzung oder Verbreitung ohne vorherige Absprache ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt.
fff
DIY-HiFi-Forum User Christoph Gebhard schreibt zum Prototyp des DoW
Hallo,
ich hatte die Box ja auch ein paar Tage in den eigenen vier Wänden. Hier ein kleiner Klangbericht von mir, der aber VOR der Feinabstimmung und der Verfeinerung durch High-End-Bauteile entstanden ist:
Insgesamt sehr gut, allerdings haben mich die Klangeigenschaften jetzt nicht sonderlich überrascht oder aus den Socken gehauen, sie sind halt genau so gut, wie man es vom Material und der konzeptionellen Auslegung bei einer sauberen Abstimmung erwarten kann.
Tonal erkenne ich eine leichte Loudness-Abstimmung, oberer Hochton etwas zu laut, Bass auch, Grundton und unterer Mitteton eher etwas zurückhaltend. Das sind aber nur Nuancen und je nach persönlichem Geschmack und Raum kann das so aber auch passen.
Insgesamt ist die Abstimmung für den ersten Weichenversuch sehr gut geworden, vor allem die Anbindung des Seitenbasses („Bass innen“ klingt bei mir homogener).
Die Räumlichkeit ist eher ausufernd-luftig als fokussiert-kompakt, IMHO typisch für breitstrahlende Sachen, trotzdem funktioniert das auch in meinem Raum sehr gut.
Das Klangbild ist etwas distanzierter-weiträumiger und nicht so plastisch-direkt in die Fresse wie SFU, D´Appo oder Lautsprecher mit Schallführungen. Von besser oder schlechter möchte ich nicht sprechen, nur anders.
Der Hochton ist ER4-typisch mehr luftig-seidig als musikalisch-smooth, der Bass eher schnalzig-punchend als knackig-trocken, aber insgesamt sehr angenehm und besser als bei der Original (zumindest in kleinen Räumen).
Feindynamisch sind alle Etons sehr gut, grobdynamisch geht`s auch mächtig ab, bündelnde PA-Sachen legen aber noch ne Schüppe drauf.Gruß, Christoph
Ein weiterer Kommentar von Christoph Gebhard. Zur finalen Version schreibt er:
Hallo,
im Gegensatz zur Duetta arbeitet die Weiche der DOW wenigstens auf eine sauber linearisierte Impedanz ohne Aufbuckeln und sonstige „Schweinereien“, mit denen Udo da unten eine linearen Frequenzgang „zaubert“. Da ist es erstmal gleichgültig ob Seitenbass oder Frontbass.
Ich habe die DOW in meinen eigenen vier Wänden intensiv gehört und kenne die Duetta aus vier verschiedenen Hörtests. Außer in Udos Ladenlokal wummerte die Duetta überall, mal mehr, mal weniger.
Die DOW spielt im Bass bestimmt nicht 100%ig ehrlich, lässt sich aber auch wandnah oder in kleineren Räumen betrieben.
Z. schreibt zum DoW
Hi!
Da die DoW auch am Contest teilgenommen hat, gibt es Messchriebe und eine Einschätzung bei Hifi-Selbstbau:
Beitrag bei HiFi Selbstbau
Ist halt Geschmackssache. Ich habe die DOW während des Contests und während der HMW oft genug gehört. Bass hat sie ausreichend. Die wichtigesten Äanderungen kann Dir Alex (Nick hier im Forum: donhighend) bestimmt nennen. Neben dem geschlossenen Seitenbass ist die wohl gravierendste Änderung, dass die Duetta eigentlich eine 2-1/2 Wege Box ist und die DoW eine reinrassige 3-Wege-Box.
Und bevor mich jetzt jemand fragt, wie ich die DoW finde: Gut! Allerdings bin ich bekennender ER4-Verweigerer – ich mag ihn einfach nicht! Auch wenn er zugegeben sehr luftig spielt.
2 Kommentare
Ich habe vor zig Jahren eine Duetta gebaut und seit dieser Zeit ändere ich immer wieder die Weiche, weil ich mit dem Klang nie richtig zufrieden war. Zuletzt hatte ich zwischen Bass und Mitte eine aktive Frequenzweiche von Thel und für den Tiefpass des Mitteltöners die Weichenschaltung der Duetta Top. Das war schon ganz ok. Jetzt habe ich aber den Tiefpass des Mitteltöners und den Hochpass des Hochtöners durch die 18dB-Weiche hier in diesem Artikel ersetzt. Das hört sich jetzt um Klassen besser an. Ich würde jetzt aber noch gern den Mittenbereich zum Hochton hin etwas absenken. Der Hochton ist meiner Meinung nach ok. Da habe ich einen Spannungsteiler (1,5Ohm/4,7Ohm) vor dem ER4.
Anstatt vor dem Mitteltöner einen Widerstand zulöten (senkt nämlich den gesamten Mittenbereich ab), würde ich die 0,68mH Spule im Tiefpass des Mitteltöners durch eine Spule mit 0,82mH ersetzen. Ist dies eine gute Idee oder gibt es ev. andere Lösungen?
Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.
Autor
Leider kann ich Ihre Frage hinsichtlich der zu verändernden Beschaltung des Mitteltöners nicht „ganz seriös“ beantworten. Da ich keine Messungen des originalen Ursprungs-Lautsprechers habe, kann ich hier nur vermuten. Die von Ihnen beschriebene Idee mit der 0,82mH Spule erscheint mir aber am schlüssigsten. Ich habe noch eine ältere Simulation des Eton Tiefmitteltöners gefunden, von der ich aber nicht mehr weiß, unter welchen Bedingungen und in welchem Gehäuse die Messung entstanden ist. In dieser Simulation war das Chassis, neben anderen Bauteilen und Korrekturgliedern, mit einer 0,82mH Spule mit einem Filter 2. Ordnung beschaltet. Die gestrichelte Kurve zeigt den zugehörigen Verlauf der Flanke zum Hochtöner. Die Verwendung einer 0,68er Spule führt zum Verhalten, welches die durchgezogene Kurve zeigt.
Ich bitte zu beachten, dass das Verhalten bei Ihrem Lautsprecher davon abweichen kann. Wirklich stimmig kann das nur unter Einsatz von Messtechnik werden.